Entwurf der 400-kV-Leitung Richborough – Canterbury, Großbritannien
Erstellung des Entwurfs der 400-kV-Leitung Richborough – Canterbury, Großbritannien
FAKTEN
Bauherr: National Grid
Standort: Südengland, Grafschaft Kent
Kosten: 68 Mio. GBP
Ausführungsdatum: 2018
AUFGABE
Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit Murphy-Eltel JV war Eltel Networks Engineering SA am Entwurf für den Bau einer neuen 400-kV-Freileitung in Großbritannien beteiligt, welche die Orte Canterbury und Richborough miteinander verbindet. Die Leitung wurde selbstständig von unserem Konstruktionsteam aus Krakau geplant. Bauherr war National Grid, der britische Übertragungsnetzbetreiber. Die Leitung verbindet Nemo Link® (eine unterseeische Stromverbindung zwischen Herdersbrug in Belgien und Richborough in England) mit dem britischen Stromnetz. Diese Verbindung spielt eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Zuverlässigkeit und Sicherheit der Stromversorgung des Landes.
Diese Leitung ist insofern einzigartig, als es sich um die erste komplett neue 400-kV-Leitung handelt, die seit vielen Jahren für das National Grid gebaut wird (bei früheren Projekten wurden lediglich bestehende Leitungen umgebaut oder modernisiert). Gleichzeitig war ein Teil der Arbeit auch für unsere Konstrukteure völlig neu, da wir Aufgaben wie die Entwicklung von Mastfundamenten oder deren Erdung auf dem Gebiet Großbritanniens bisher nicht durchgeführt hatten.
In diesem Fall bestand eine besondere Herausforderung bei den Entwurfsarbeiten in den vorübergehenden Umbauten der vorhandenen 132-kV-Doppelfreileitung, die zweimal von der neuen 400-kV-Leitung gekreuzt wird. Über die 132-kV-Leitung lagen kaum Unterlagen vor, da sie noch vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden war. Nach den Vorgaben des Auftraggebers sollte der Umbau unter Verwendung von tragenden Konstruktionen aus Holz erfolgen – eine Lösung, die bei Hochspannungsnetzen in Polen überhaupt nicht anzutreffen ist. In Großbritannien ist dieses Konzept jedoch so verbreitet, dass eine eigene technische Spezifikation dafür erstellt wurde. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten mussten die Masten mit Abspannseilen versehen werden, die der Konstrukteur individuell für jede Mastposition entwarf.
Komplizierte Verfahren (z. B. eine externe, zweistufige Genehmigung jedes einzelnen Elements des Entwurfs), umfangreiche technische Normen und hohe Anforderungen seitens des Bauherren trugen zusätzlich zur Komplexität des Planungsprozesses bei. Allein für den Ausführungsplan mussten unsere Konstrukteure zahlreiche Zeichnungen und Dokumente erstellen, die bei Projekten in Polen nicht von den Kunden verlangt werden – z. B. spezielle Analysen der Neigungen der Strombrücken an jedem Abspannmast der Leitung auf der Grundlage von standortspezifischen (site-specific) Daten.
Während der Planungsarbeiten haben wir eine Reihe von Tools verwendet. Eines davon war ArcGIS Online, eine webbasierte Lösung für die Verwaltung von Projektdaten aus geografischen Informationssystemen (GIS), mit der wir große Mengen vor Ort erfasster Daten in Echtzeit senden konnten. Das Leitungsmodell selbst wurde mit einer Software von Power Line Systems entwickelt, einem Anbieter weltweit eingesetzter professioneller Engineering-Tools. Jedes Modul ist für den Entwurf eines bestimmten Teils vorgesehen, z. B. Masten, Fundamente oder die eigentliche Freileitung. In Verbindung mit einer klassifizierten Punktwolke, die durch Laserscanning gewonnen wurde, konnte das Projekt so genau im Gelände visualisiert und viele der benötigten Berichte nach der Definition der relevanten Eingangsparameter praktisch sofort automatisch im Programm erstellt werden. Darüber hinaus konnten durch den Einsatz der Finite-Elemente-Methode, z.B. für komplexere Analysen bei Tragmasten und Mikropfahlplatten in den Fundamenten, die Zahl der erforderlichen Bewehrungen und damit die Kosten reduziert werden.
Auch an der Ausführungsphase waren unsere Mitarbeiter entscheidend beteiligt. Bei der Errichtung der Freileitung war ein von uns entsandter Konstrukteur vor Ort, der dafür verantwortlich war, aktuelle Fragen im Zusammenhang mit dem Entwurf zu lösen. Diese Lösung verkürzte die Reaktionszeit auf das jeweils auftretende Problem erheblich und bewahrte das Bauunternehmen vor zusätzlichen Kosten durch fehlerhafte Interpretation der Dokumentation durch Nachauftragnehmer oder die Verwendung falscher Elemente.
ERGEBNIS
Dieses Projekt, das von 2016 bis 2018 von unserem Team Eltel Networks Engineering SA ausgeführt wurde, war in vielerlei Hinsicht einzigartig und unterschied sich von den Projekten, die unser Büro auf dem polnischen Markt durchgeführt hatte – wir mussten besondere Anforderungen oder neue Verfahren erfüllen. Dank der großen Erfahrung unserer Planer konnten wir das Projekt dennoch in höchster Qualität und gemäß dem Zeitplan ausführen und dabei die Erwartungen des Bauherren voll erfüllen. Auf unsere Planung der neuen 400-kV-Freileitung Richborough–Canterbury in Großbritannien sind wir stolz – sie ist ein Vorbild für gute Praktiken.